Stillwater hängt an einigen losen Enden und das macht ihn leider nur mittelmäßig. Der Film schleppt sich durch seine Überlänge und versucht so viele Themen abzuhandeln, dass ich zwischendurch nur den Kopf schütteln konnte, obwohl er so gut begonnen hat. Der Hauptplot von Stillwater gerät im Laufe des Films fast in Vergessenheit, da wir im Grunde dabei zusehen, wie Matt Damons Charakter eine Katarsis erfährt, während seine Tochter Allison, erschreckend schwach gespielt von Abigail Breslin, im Gefängnis sitzt. Matt Damon zeigt hier alles was er kann, als Amerikaner der Trump Ära wirkt er wie ein Fremdkörper in Frankreich, sein Schauspiel ist subtil und stoisch, Damon füllt die Rolle mit seinem kompletten Können aus.
Die wahre Perle des Films ist aber eindeutig Marseille, Frankreich als Hauptschauplatz und die charismatische Camille Cottin und die bezaubernde Lilou Siauvaud. Die beiden liefern ein lebendiges und frisches Schauspiel, wie ich es meist nur von den Franzosen kenne und hier punktet der Film ohne Ende. Die Chemie zwischen den beiden Darstellerinnen und auch die Verbindung zu Damon fühlen sich natürlich und glaubwürdig an. Hier hätte der Film Potenzial gehabt, wirklich nett zu seinen Figuren zu sein und zu wachsen, aber das passierte leider nicht. Stattdessen werden alle Karten des Scheiterns ausgespielt und das auch noch recht vorhersehbar.
Stillwaters Problem ist tatsächlich auch, dass er sich an den wahren Fall von Amanda Knox lehnt, was insofern problematisch ist, weil der Hauptplot sich genau an dem Verschwörungsmythos hält, gegen den Knox nun schon jahrelang ankämpft. Sie ist nach langer Haftstrafe unschuldig freigesprochen worden und sie hat beteuert, mit dem ermordeten Opfer keine sexuelle Beziehung gehabt zu haben. In der Presse wurde damals ein Bild gezeichnet, dass sich wilde Sexspielchen in der Nacht des Mordes abgespielt haben und Knox ein sexuelles Verhältnis zur Ermordeten gehabt haben soll. Der Film aber vermischt Fiktion und Tatsache auf eine merkwürdige Art und übernimmt Eigenschaften von McCarthy’s Drama Spotlight – Aufdeckung auf eigene Faust und natürlich gab es ein sexuelles Verhältnis, mir doch egal wie es wirklich war, wir machen hier einen Film! – Nachvollziehbar ist das rein auf empathischer Ebene für mich nicht.
Es hätte Stillwater insgesamt einfach besser gestanden, er würde nicht die ewige Leier von „Das Leben ist brutal“ singen, denn auch wenn es stimmt, haben so alle der Figuren die Chance verpasst, wirklich etwas zu gewinnen. Traurig.
Titel: Stillwater
Alternativtitel: Stillwater – Gegen jeden Verdacht
Land/Jahr: USA; 2021
FSK: 12 Jahre
Länge: 139 Minuten
Screenplay: Thomas Bidegain, Noé Debre, Tom McCarthy
Regie: Tom McCarthy
Cinematography: Masanobu Takayanagi
Musik: Mychael Danna
Cast: Matt Damon, Abigail Breslin, Camille Cottin, Lilou Siauvaud, Deanna Dunagan
Titelfoto: © Universal Pictures International Switzerland
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