Kürzlich schrieb ich über Journey, ein Spiel, in dem ich sowohl Einsam- als auch Zweisamkeit gefunden habe. Journey ist eine fantastische Spielerfahrung in jederlei Hinsicht. Die Frage, wann Einsamkeit eigentlich anfängt und wo sie endet, muss und kann wohl nur jeder individuell beantworten. Ich persönlich habe mein wahres Einsamkeitsgefühl erfahren, als ich mich vorsorglich vom Leben verabschiedete. Ich sagte »Tschüß« zu allem, was mir etwas Wert ist. In diesen Momenten war ich einsam. Und da ich Abschiede nicht sonderlich mag, dauerten sie auch nicht sehr lang. Je schwieriger eine Situation ist, desto einsamer scheint man zu werden, oder sich so zu fühlen. Wenn die Luft knapp wird, dann ist Einsamkeit dein ständiger Begleiter, so ist man wenigstens nicht allein.
Einsame Figuren wirken oft zerbrechlich und verletzlich. Yorda in ICO ist so ein Charakter, an den ich spontan beim neuen 52Games-Tema »Einsamkeit« denken musste. Im Spiel müssen wir mit Ico und Yorda einen Weg aus dem Schloss finden, sie befreien aus den dunklen Mächten der Königin, ihrer Mutter. Wir eskortieren Yorda über Abhänge, tiefe Schluchten und müssen verschlossene Türen umgehen. Lange dürfen wir sie nicht zurück lassen, ansonsten erscheinen bekämpfbare Schattenwesen und wollen sie in eine dunkle Welt ziehen, aus der es scheinbar kein Zurück mehr gibt. ICO ist ein wunderschönes Abenteuer voller Geheimnisse und zweier Figuren, die ohneeinander wohl verloren wären.
Yorda treffen wir gleich zu Beginn des Spiels an, wie sie geschwächt und einsam in einem Käfig gefangen ist. Als wir sie befreien, wird alles klar. Schon allein die Gestik, wie wir ihr aufhelfen, wie wir ihr im Laufe des Spiels immer wieder unsere Hand entgegenstrecken, um ihr über Hindernisse zu helfen, sagt aus um was es geht: Zusammenhalt. Wer das und auch Yordas Unbeholfenheit nicht von Anfang an mag, bzw. das Bedürfnis hat, mit ihr die Flucht zu bestreiten, wird mit ICO nichts anzufangen wissen. Das Spiel spricht die soziale Ader des Spielers an, ähnlich wie auch Journey, doch dort geht man noch einen Schritt weiter, indem man reale Spieler integriert. Journey kann man auch alleine bewältigen, Yorda dagegen brauchen wir, um gewisse Türen zu neuen Abschnitten mit Hilfe ihrer magischen Kräfte zu öffnen.
Yorda ist einer der traurigsten, einsamsten und vielleicht auch rätselhaftesten NPC die ich kenne. Im ersten Spieldurchlauf wird ihre Sprache noch in Glyphen dargestellt, man versteht kein einziges Wort was sie sagt. Somit bleibt viel Platz für Interpretationen. Aber auch ohne viel Sprachverständnis wird klar, dass aus Yordas Mund wohl nie etwas böses kommen könnte. Im zweiten Spieldurchgang verstehen wir dann, was sie sagt, auch wenn es nicht sonderlich viel ist. Es gleicht aber auf jeden Fall dem, was man sich schon gedacht hat, als alles noch unklar war.
Das Ende vom Spiel ist bis heute eines der Schönsten für mich. Ich weiß nicht, ob zwischen der entstandenen Freundschaft zwischen Ico und Yorda sogar noch mehr zu finden ist, ich vermute es. Vielleicht ist da sogar ein bißchen Liebe und wenn ja, dann ist sie wunderbar selbstlos. Selbstlosigkeit – die gibt es heutzutage kaum noch. Einsamkeit aber umso mehr.
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Zockwork Orange riefen zum tollen Projekt 52Games auf, an dem ich mich mit diesem Text über das dreizehnte Thema Einsamkeit beteilige.
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